Wie die prophetischen Ankündigungen auszulegen sind und das Schicksal der Juden
Die Schriften sagen nicht explizit einzelne Geschehnisse zu bestimmten Zeiten an, sondern sie enthalten Prinzipien, d.h. Geschehensmuster, die sich an vielen Orten und zu verschiedenen Zeiten verwirklichen. Es ist dabei gleichgültig, an welchem konkreten Volk und zu welcher Zeit etwas geweissagt wird, denn es kommt nur auf das Prinzip an, das sich sehr oft im Verlauf der Geschichte verwirklichen kann. Die prophetischen Schriften der Glaubensrichtungen sind der Schlüssel zum Verständnis der Weltgeschichte und des Schicksals der Völker.
Es lassen sich keine zukünftigen Geschehnisse aus den Schriften ableiten, sondern man kann nur umgekehrt die Geschehnisse, die bereits in der Welt stattgefunden haben, den Prophezeiungen in den Schriften zuordnen.
Die meisten Prinzipien, die sich im Moment an den Völkern der Welt wieder erfüllen, sind im Buch Jesaja enthalten, das Buch lässt sich als ein einziges Gerichthalten über die Völker lesen und vieles, was darin angekündigt ist, erfüllt sich gerade wieder, z.B. die Aussagen über Ägypten oder Damaskus, also Syrien. Über Syrien wird z.B. gesagt, dass es zu großen Teilen nur noch aus Ruinen bestehen wird, was heute der Fall ist. Über Ägypten wird gesagt, dass Ägypter gegen Ägypter kämpfen wird, was durch die Ereignisse des sogenannten ‚arabischen Frühlings‘ der Fall war. Nach diesen Unruhen und dem Taumel wurden sie in die Hand eines harten Königs gegeben, so wie es jetzt ist.
Das Buch Jesaja ist in weiten Teilen aus unserer heutigen Perspektive geschrieben und Gott nimmt dabei den heutigen Israeliten bei der Hand und geht mit ihm zusammen die Geschichte und alles, was seinem Volk darin widerfahren ist, durch. Deswegen auch die häufige Vergangenheitsform. Er erläutert ihm dabei seine Entscheide und die Gründe dafür. So erschließt sich dem Leser die geschichtliche Entwicklung bis heute und die heutige Situation wird verständlich. Dem Leser wird verdeutlicht, was heute in der Gegenwart von ihm erwartet wird und auch das Ende der aktuellen Entwicklungen wird bereits beschrieben. Weil vor vielen Jahrhunderten nur Gott aus dieser heutigen Perspektive reden konnte, wird deutlich, dass es tatsächlich Gott ist, der den Lauf der Geschichte immer bestimmt hat und nicht etwa die Menschen mit ihren (materiellen) Interessen, der Zufall oder die Götter der Völker, von denen es keine solchen Schriften mit Vorabverkündigungen der Geschichte gibt. So wird die Welt, wenn die Menschen das erkennen, voll von Gotteserkenntnis sein, so wie das Meer mit Wasser gefüllt ist, denn nichts, was angekündigt ist, wird fehlen, alles wird sich erfüllt haben.
Ein anderes Beispiel, wie man die Prophezeiungen der Prophetenbücher auslegt: Alle Verbrechen gegen die Juden während des Holocaust sind im Fluch des Mose und auch in anderen auf die Zukunft bezogenen Büchern bereits sämtlich im Prinzip beschrieben.
So heißt es in Deut 28,31ff z.B. „Dein Ochse wird vor deinen Augen geschlachtet und du bekommst nicht einmal davon zu essen. Dein Esel wird dir weggerissen und kehrt nicht zurück. usw.“ Hier werden die Enteignungen der Juden dem Prinzip nach angekündigt.
Auch die grassierenden Krankheiten in den Lagern werden angekündigt und die Selektionen in den Lagern und Ghettos, bei denen viele Familien getrennt wurden: Deut 28,41ff „Söhne und Töchter hast du gezeugt, aber sie sind nicht bei dir. Sie sind als Gefangene weggezogen.“ Diese Stelle erfüllte sich auch in den sogenannten Kindertransporten nach England in den Jahren 1938/39.
In Hesekiel 4,16 heißt es: „…und sie werden Brot essen nach genau abgemessenem Gewicht und in Angst Wasser trinken nach genau abgemessenem Maß und in Entsetzen, damit sie an Brot und Wasser Mangel haben und miteinander verschmachten und in ihrer Schuld dahinschwinden.“ In den Lagern bekamen die Häftlinge tatsächlich nur eine halbe Kartoffel oder ein winziges Häuflein Grünkohl für den ganzen Tag, was gerade ausreichte, um das Verhungern hinauszuzögern, wovon man aber niemals satt wurde.
Die Zwangsarbeit ist unter anderem in Micha 6,15 angekündigt und bei Jesaja heißt es, dass die Toten wie Kehrricht auf den Straßen liegen werden (Jes 5,25) was in den Ghettos häufig vorkam. Auch dass die Juden im „Schmelzofen des Elends“ geprüft werden sollten (Jesaja 48,10) und dass das Leid und die Verfolgungen jedes erträgliche Maß überschreiten würden ist angekündigt. (Deut 28,59) Auch bei Jeremia heißt es, dass ihre Schuld den Juden doppelt vergolten wird, bevor sie in ihrem Land wieder gesammelt werden. (Jer 10,18) Auch in Jeremias Klageliedern sind viele Geschehensprinzipien enthalten, die sich im Holocaust noch einmal verwirklicht haben.
Auch die ganze Zeit, in der die Juden unter die Völker zerstreut waren, ist bildlich in der Schrift (Jeremia 29,18 und Levitikus 26,33) bereits beschrieben. Denn es heißt dort, dass hinter den Juden ein Schwert und die Pest her sein sollen, wovon sie verfolgt werden, wenn sie in der Fremde leben, was der Fall war, denn sie sind nie dauerhaft in einem Land zur Ruhe gekommen. Wenn sie sich irgendwo ansiedelten, weil es dort sicher für sie sein sollte, waren sie zunächst immer gern gesehen und willkommen, weil sie Wissen, Bildung und Fertigkeiten mitbrachten. Doch nach und nach kippte die Stimmung, es gab oft Seuchen oder andere Unglücksfälle, für die man sie verantwortlich machte und es begannen Verfolgungen und Pogrome. Daraufhin mussten sie vor der Gewalt und den Verfolgungen woanders hin fliehen, wo es nach demselben Muster von vorne los ging. Sie mussten sich also ständig vor Gewalt in Sicherheit bringen, es war bildlich gesprochen immer ein Schwert hinter ihnen her. Der Antisemitismus der Völker, unter die sie zerstreut waren, wird in Jeremia 29,18 angekündigt.
Das sind nur wenige repräsentative Beispiele, fast alle Prinzipien, die der Fluch des Mose und die Prophetenbücher enthalten, haben sich im Holocaust und auch davor schon immer wieder an den Juden bewahrheitet. Der Fluch sollte sich in dem Fall erfüllen, dass die Juden sich nicht an die Gebote Gottes halten und aus ihrem Land wieder vertrieben werden, was der Fall war. Bei Jeremia (16,18) ist außerdem angekündigt, dass ihr Gott den Juden vor der letztlichen Rückführung in ihr Land doppeltes Leid zugedacht hat.
Der Holocaust war also keine Erfindung der Nazis, sondern er war lange in den Schriften im Prinzip angekündigt und nicht ursächlich von den Deutschen initiiert, sondern von Gott, der in den Schriften darüber spricht. Gott hat sich in der Geschichte immer wieder anderer Völker bedient, um an einzelnen Völkern seine Vorhaben auszuführen und das tut er auch heute noch, wie sollte er es auch anders machen? In früheren Zeiten waren es gegen die Juden die Babylonier oder die Assyrer und im 20. Jahrhundert dann die Deutschen.
Wenn die Juden heute noch deswegen grollen und die Geschichte nicht akzeptieren können, richtet sich ihr Groll gegen Gott, denn er ist es, der den Lauf der Geschichte bestimmt hat, nicht die Menschen, was durch die eingetroffenen Voraussagen unanzweifelbar bewiesen ist. Aller Groll, den die Menschen über ihr Schicksal hegen, richtet sich immer gegen ihren Gott denn es sind nicht die anderen Menschen, die bestimmen, was uns widerfährt, das meiste verursachen wir selbst durch frühere Taten.
So sind alle Prinzipien, die sich im Verlauf der Geschichte verwirklicht haben, in den Schriften bereits an Beispielen veranschaulicht und am Beispiel Israels, also der Juden, lässt sich das besonders deutlich nachvollziehen. So wie ein Roman einen Protagonisten braucht, so dient Israel in den alten Schriften als Träger der Handlung der Heilsgeschichte, die für alle Völker gilt, denn die hervorgehobene Stellung der Juden in den Schriften dient nur hierzu. Es braucht ein Volk, das stellvertretend für alle anderen steht und an dem Gottes Handeln an den Völkern gezeigt werden kann, weil die Beschreibungen sonst viel zu umfangreich und verworren wären. An allen Völkern handelt Gott nach den gleichen Prinzipien, nur gibt es zu seinem Handeln an anderen Völkern keine Schriften, die dieses Geschehen mit Gottes Wissen, also seinen Absichten und den wahren übernatürlichen Ursachen, erläutern. Auch ergeben sich nur so die nötigen Anlässe für direktes Eingreifen Gottes in das Geschehen in der Welt durch Wunder, denn Gott wirkt Wunder immer nur dann, wenn sie in einer Situation erforderlich sind, denn er handelt nie grundlos, unmotiviert oder überflüssig, sondern alles geschieht zu seinem Zweck. Hier wird erkennbar, dass die Geschichte kein zufälliger Verlauf ist, sondern auch heute noch aktiv von Gott in Echtzeit bestimmt wird.
Diese Zweckgerichtetheit von allem Handeln Gottes gibt auch ein sehr gutes Kriterium an die Hand, um vom Widersacher gewirkte Zeichen, Erscheinungen oder angebliche Offenbarungen in Worten von denen zu Unterscheiden, die von Gott gewirkt oder eingegeben werden. Denn die von Gott gewirkten Zeichen oder Offenbarungen erfüllen immer einen Zweck und sind in der Situation, in der sie geschehen, aus irgendwelchen intrinsischen Gründen notwendig. Z.B. befreien sie aus einer Notlage, klären oder beantworten offene Fragen oder übermitteln Wissen, das in der nahen Zukunft aus irgendeinem Grund erforderlich ist. Die vom Widersacher inspirierten Scheinoffenbarungen dagegen erscheinen immer unnötig, willkürlich oder deplatziert, sie stören eher die Ordnung oder werfen Zweifel und Fragen auf, als dass sie irgendwie weiterhelfen. Wenn also jemand eine Botschaft verkündigt, die er von Gott erfahren haben will und die niemandem irgendwie nützt, sondern nur den angeblichen Übermittler als Bote ausweisen soll, kann man davon ausgehen, dass die Sache nicht von Gott ausgeht. Auch wenn irgendwo irgendwelche Erscheinungen stattfinden, die eher die Unordnung mehren und die Menschen in Verwirrung oder Unruhe bringen, anstatt sie zu erbauen oder ihnen anders zu nützen, ist davon auszugehen, dass sie von Dämonen erzeugt werden. Wer Gottes Willen tut, der muss dazu von neimandem anerkannt oder bestätigt werden, er braucht keine Erlaubnis oder Ermächtigung durch Menschen, sondern führt alles aus, wozu er gesandt wird, allein mit Gottes Hilfe und seinem Schutz und ohne dass ihn jemand daran hindern kann. Er verlangt für das, was Gott durch ihn wirkt, keine Gegenleistung oder Belohnung und würde sie auch nicht erhalten, weil alle Propheten zu Lebzeiten ungern gesehen waren und von den meisten Menschen abgelehnt wurden. So galten z.B. alle Schriftpropheten , die zu den Juden gesandt wurden, zu Lebzeiten als Feinde des Volkes und wurden daher von den Machthabern, insofern jüdische Staatlichkeit bestand, verfolgt. Heute würde man sie als Antisemiten ablehnen, weil sie selten Dinge brachten, die die Addressaten hören wollten, sondern ihnen immer genau die Dinge vorhalten sollten, die diese am wenigsten hören wollten.
Die Wendung des Schicksals aller Völker steht unmittelbar bevor. Weil die Juden doppelt gelitten haben, werden sie zuletzt auch doppelt entlohnt, so wie es bei den Propheten beschrieben ist.
Wenn man die Prophetenbücher also auslegen will, was immer bedeutet, sie auf das Geschehen in der Welt zu beziehen, braucht es Kenntnis der Geschichte und Weisheit, d.h. Erkenntnis der verwirklichten Muster und Prinzipien. So wie es hier beschrieben ist, sind auch die Schriften des Alten Testaments von den Schaffern des Neuen Testaments ausgelegt und auch Jesus selbst hat laut Evangelium die ihm zur Verfügung stehenden Schriften so ausgelegt.
Alle Unheilserwartungen bezüglich einer Endzeit oder der sogenannten Apokalypse erweisen sich als unbegründet, weil niemand im vorhinein wissen kann, wie Gott die Verheißungen aus den Schriften konkret verwirklichen wird, denn jede Prophezeiung lässt sich auf viele verschiedene Weisen verwirklichen. Niemand kann vorher wissen, was wann, wie und wo kommt. Das einzige, was sich sicher sagen lässt, ist, dass sich alles erfüllen wird und dass am Ende für die Gerechten Heil stehen wird, nicht Unheil. Es wird keine Zerstörung der Welt geben, sondern umgekehrt, alle Kriege, alle Gewalt und Ungerechtigkeit wird endgültig beendet und die Erde und alle ihre Bewohner werden umfassend geheilt und erneuert.