Warum gelten Propheten ihren Zeitgenossen immer als Besessene oder Sünder?

Es gibt mehrere Gründe dafür. Der erste, warum Propheten auf Zeitgenossen immer wie Wahnsinnige wirken ist, dass sie die Geister unterscheiden können müssen, denn aus ihren Reihen kommen die direkten Gegenspieler der Gesandten. Dazu müssen sie ihr Tun und Wirken am eigenen Leib erfahren, denn anders kann man diese Dinge nicht verstehen. Denn was man nicht aus eigener unmittelbarer Erfahrung kennt, kann man seinem Wesen nach nicht verstehen. Mystiker betonen dieses Prinzip häufig, es gilt für fast alle geistlichen und spirituellen Phänomene und Seelenzustände, denn fast alles in diesem Bereich ist nur durch direkte innere Anschauung und eigenes Erleben verstehbar und nicht durch überzeugende Argumente oder logische Gründe.

Propheten müssen also zumindest zeitweise ihren Gegenmächten ganz ausgesetzt sein, was zur Folge hat, dass sie dann Dinge tun, die normalerweise nur Leute tun, die ganz unter dem Einfluss dieser Geister stehen und in ihrer Gewalt sind. Für Zeitgenossen sind sie dadurch nicht von echten Besessenen zu unterscheiden. Auch wenn jemand vom heiligen Geist erfasst ist, ist er nicht von einem Besessenen zu unterscheiden, weswegen ihre Zeitgenossen die Jünger Jesu für besessen oder betrunken hielten, als der Geist an Pfingsten auf sie herabkam.

In der christlichen Welt ist vor allem der Fall Jesu bekannt, den seine Familie und Teile seines übrigen Umfeldes für besessen hielten, weil er, als er vom Satan versucht wurde, wie im Evangelium geschildert, offenbar Dinge getan hat, die zu dieser Zeit nur Verrückte taten. Auch Mohammed und alle anderen Propheten galten ihren Mitmenschen als wahnsinnig, hier handelt es sich also eher um eine Bestätigung für die Echtheit einer Sendung und weniger um einen Gegengrund. Denn die selbsternannten und falschen Propheten, von denen es auch heute noch viele gibt, bleiben von solchen Zuschreibungen in der Regel unbehelligt.

Als Sünder galt Jesus vor allem seinen gesetzeskundigen Widersachern unter den Juden, er wurde ja, wie berichtet, zuletzt als Gotteslästerer verurteilt und gekreuzigt. Das war der Hauptvorwurf der Juden gegen ihn. Bei den Sünden gilt ansonsten dasselbe Prinzip wie für die Geister, denn um die Folgen der Sünden am eigenen Leib zu erfahren, müssen die Gesandten sie zunächst tun, weswegen sie auf Zeitgenossen wie normale Sünder wirken. Sie erfahren und tun diese Dinge zu Ausbildungs- und Lernzwecken oder als Lehre für ihre Zeitgenossen und ohne schlechte Intention.

Häufig werden den Propheten auch Dinge von Gott befohlen, die eigentlich für Menschen Sünde sind, so gab es z.B. welche, die Dirnen heiraten sollten um Dirnenkinder zu zeugen oder welche, die sich vor den Augen ihrer Mitmenschen ihr Brot auf Kot backen sollten. Wieder andere sind jahrelang nackt umhergegangen. Dass es sich dabei um Befehle von Gott gehandelt hat, war für die Zeitgenossen der Propheten nicht ersichtlich weswegen sie die so handelnden Propheten als gewöhnliche Sünder oder Wahnsinnige ansahen. Erst hinterher, nach ihrem Ableben, als Schriften auftauchten, die das Geschehen aus Gottes Perspektive und mit seinem Wissen schilderten, wurde ersichtlich, dass sich die Propheten nicht schuldig gemacht haben weil ihnen ihr scheinbar sündiges Handeln von Gott als Lehre für ihre Zeitgenossen aufgetragen war.

Aus solchen und ähnlichen Gründen wurden alle Propheten von ihren Zeitgenossen weitestgehend abgelehnt, denn diese hatten für ihre Ablehnung ja auch immer ihre Gründe und sie sahen sich damit im Recht. Auch wollte man oft abwarten, wie die Sache mit einem Gesandten ausgeht und wie sein Ende ist, um nicht voreilig einem Betrüger aufzusitzen weil die Geschehnisse für zeitgenössische Beobachter eben nicht so eindeutig sind wie für spätere Leser der Schriften.

Der Hauptgrund, warum Propheten in der Regel immer erst nach ihrer Sendung als solche (an-) erkannt werden, ist also der, dass zu ihren Lebzeiten die Schriften über ihr Wirken noch nicht bekannt und im Umlauf sind, was bedeutet, dass das sie betreffende Geschehen noch nicht mit Gottes Wissen und aus seiner Sicht erläutert ist. Dadurch ist es für Zeitgenossen nicht ersichtlich, dass alles von Gott so gewirkt und sein Wille war. Für zeitgenössische Beobachter wirkt das Handeln von Propheten viel alltäglicher und gewöhnlicher, erst dadurch, dass meist hinterher Schriften auftauchen, die das Geschehen aus Gottes Perspektive und mit seinem Wissen schildern, wirkt es so erhaben, überlebensgroß und wunderbar, wie es auf Leser der Schriften oft wirkt. Denn alle Gesandten sind den alltäglichen Erfordernissen der irdischen Existenz genauso unterworfen wie alle anderen Menschen, sie müssen ebenso einkaufen gehen, essen kochen und putzen wie alle Menschen. Deswegen wirken sie auf ihre Zeitgenossen ganz wie einer von ihnen, der ihnen nichts voraus hat, sodass man gerade auf ihn hören sollte. In der Regel hatten sie keinerlei erkennbare Besonderheiten oder andere sichtbare Vorzüge an sich, sondern wirkten dem äußeren Ansehen nach sogar eher geringer als ihre Mitmenschen. Mose hatte z.B. einen Sprachfehler, er hat wohl gestammelt, Mohammed war Waise, Jesus galt als unehelicher Sohn usw. Für die Zeitgenossen der Gesandten sind die Absichten Gottes und sein Wirken im Hintergrund nicht erkennbar, weswegen Gesandte zu Lebzeiten immer verfolgt, angefeindet und verachtet werden, denn sie haben keine Möglichkeit, sich irgendwie eindeutig zu beglaubigen oder auszuweisen, es gibt für die, die dazu bestimmt sind, immer Gründe, sie abzulehnen. Auch die Zeichen und Wunder durch die sie von Gott beglaubigt werden, lassen sich für die, die es wollen, einfach leugnen und entkräften.

Woran lässt es sich aber dann erkennen, ob einer wirklich von Gott gesandt ist oder ob er aus sich selbst heraus, also vom Widersacher der Menschen inspiriert, redet und handelt?

Man hat solche Kriterien für echte Propheten tatsächlich aufzustellen versucht und hält sie auch für stichhaltig. Bei näherer Prüfung erweisen sie sich aber meist als irrig oder unbiblisch. So gilt es z.B in rabbinischen Kreisen als sicheres Kriterium für die Echtheit der Gesandtschaft eines potentiellen Propheten, dass alle seine Vorhersagen überprüfbar eingetroffen sind. Dass dieses Kriterium gar nicht praxistauglich ist, ersieht man schon daraus, dass viele Vorhersagen von den anerkannten Schriftpropheten erst mit langer Verzögerung, teilweise erst Jahrhunderte oder Jahrtausende später eintreffen, was also für Zeitgenossen, die ja die Beurteilung vornehmen wollen, kein tauglicher Prüfstein sein kann.

Auch stimmt es nicht, dass bei echten Propheten wirklich alles, was sie ansagen, auch überprüfbar eintrifft. Im Buch Jesaja ist z.B. geschildert, wie der Prophet dem König Hiskia den baldigen Tod ansagt, was nicht eintrifft, weil dieser danach um eine Verlängerung seiner Tage betet, woraufhin ihm Gott noch einige Jahre dazu gibt. Für Zeitgenossen sind diese Zusammenhänge und Hintergründe nicht ersichtlich, sie werden erst hinterher deutlich, wenn die Situation aus Gottes Perspektive und mit seinem Wissen in den Schriften offengelegt wurde.

Auch der Prophet Jona hat nur eine einzige Vorhersage gemacht, den bevorstehenden Untergang von Ninive, was ebenfalls nicht unmittelbar eingetroffen ist, seine Ankündigungen waren für zeitgenössische Prüfer also in hundert Prozent der Fälle falsch und dennoch ist er ein Schriftprophet der Bibel.

Es gibt aber einige Kriterien, an denen sich die Echtheit einer Sendung tatsächlich mit einigermaßen großer Wahrscheinlichkeit erkennen lässt, so heißt es z.B. im Koran, dass jeder Prophet einen Gegenspieler und Widersacher unter den Ungläubigen hat. Diese Leute werden in den Schriften sonst nicht erwähnt damit ihr Andenken ausgelöscht ist, denn sie sind völlig verworfen und niemand soll ihrer gedenken können oder ihren Namen kennen. Sie dienen als Stachel im Fleisch der Gesandten und sind in ihrer Zeit meist mächtiger und einflussreicher als die Gesandten selbst. Sie haben in der Regel eine höhere gesellschaftliche Stellung und wirken dem äußeren Anschein nach für die Zeitgenossen glaubwürdiger und vertrauenswürdiger als der Gesandte. Dadurch ist der bedrängte Prophet gezwungen, sich zu seiner Behauptung gegen den Widersacher vollständig und ausschließlich auf Gott zu verlassen, denn dieser ist der Einzige, der ihm gegen diesen Menschen helfen kann und will. Als Gegenspieler des wiederkommenden Messias ist z.B. ein gesetzwidriger Mensch angekündigt, ein notorischer und gewohnheitsmäßiger Lügner und Täuscher und ein übergriffiger Regel- und Gesetzesbrecher. Er wird den Messias so lange bedrängen und belästigen können, bis diesem alle seine Feinde durch Gott unterworfen werden, bis dahin ist er gegen ihn machtlos. Diese Leute werden ebenfalls von Gott geleitet, allerdings begreifen sie es nicht weil sie ungläubig und dadurch unverständig sind. Für sie selbst ist ihr Tun völlig rational und logisch und sie wähnen sich im Recht und auf der sicheren Seite denn allem äußeren Anschein nach haben sie Oberwasser weil sie ja Erfolg mit ihren Nachstellungen haben und alle Welt auf sie hört. Würden sie begreifen, was sie da tun, würden sie es wohl auch nicht machen, weil sie dafür keinen Lohn zu erwarten haben.

Ein weiterer Anhaltspunkt für die Echtheit einer Sendung ist, dass der Gesandte keinerlei Gewinn von seiner Sendung hat, sondern dass er im Gegenteil dadurch nur Nachteile und Mühen hat. Alle Propheten haben mit ihrem Schicksal und ihrer Sendung gehadert und sich über die Drangsal und das viele Leid beklagt, denn für sie ist diese Welt der Menschen lebensfeindliches Terrain und das, was für sie danach kommt, ist in jeder Hinsicht erstrebenswerter. Denn die meisten Menschen, mit denen sie zu tun haben, folgen ihren üblen Geistern und sind den Propheten gegenüber daher anlasslos feindlich gesinnt denn die Propheten beschleunigen ihr Unheil und ihr schmerzliches Ende. Auch erschweren sie den Geistern ihr alltägliches Treiben weil sie es offen ansprechen und bekannt machen, wodurch ihre Täuschungen und Irreführungen immer weniger funktionieren. So werden Gesandte täglich von Menschen, die sie gar nicht kennen und mit denen sie eigentlich gar nichts zu tun haben, verhöhnt, angefeindet, verflucht, verleumdet, belogen usw. weil die meisten Menschen tun, wozu ihr verkehrter Geist sie treibt. Viele Menschen haben das dämonische Wesen ganz angenommen und halten das für ihr innerstes Ich und ihre Persönlichkeit und tun, ohne dass es ihnen klar ist, was diese wollen. So ist es auch in den Schriften beschrieben.

Falsche Propheten und andere Sünder und Täuscher dagegen werden in dieser Welt vom Widersacher und denen, die sein Wesen angenommen haben, nicht behelligt, weil er ja sonst gegen sich selbst kämpfen würde. Sie werden im Gegenteil oft hoch gerühmt und sind zu ihrer Lebzeit hoch angesehen. Den falschen Propheten geht es also in der Regel sehr gut unter den Menschen und sie wissen viele Vorteile aus ihrer angeblichen Gesandtschaft zu ziehen, denn darum machen sie es ja.

Echte Propheten dagegen haben keinerlei eigenen Nutzen von ihrem Wirken sondern eher nur Ärger und Plage. Dafür wartet auf sie nach ihren Mühen großer Lohn, während es für die Lügner, Widersacher und Täuscher keine Hoffnung gibt.

Beim Messias wird es aber anders sein, denn er wird schon in dieser Existenz einen Teil des Lohnes empfangen, so wie es in den Schriften an verschiedenen Stellen angekündigt ist. Der wiederkommende Messias wird kein Prophet wie die bisherigen sein, denn man wird ihn auch daran erkennen, dass er fast alle Ankündigungen aus den Schriften über sein Wirken erfüllt. Auch in der übrigen Welt werden sich die Prophezeiungen für seine Zeit deutlich erkennbar erfüllen. Hier wird die Sache also klarer sein als bei den früheren Schriftpropheten die nicht ausführlich und lange angekündigt waren.

Er wird sich in allem, was er tut, allein auf Gott stützen und unter den Menschen keine Verbündeten haben. Für seine Sicherheit und seinen Erfolg vertraut er allein auf Gott, denn seine Macht erhält er nicht dadurch, dass sie ihm von den Menschen übertragen wird, er wird kein weltliches Amt bekleiden und ist von niemandes Wohlwollen oder Gunst anbhängig, sondern Gott wird durch ihn alles tun und verwirklichen, was er in den Schriften angekündigt hat. Das geschieht im wesentlichen dadurch, dass der Messias Dinge ankündigt, die die Engel dann ausführen.

Es werden die unter seinen Zeitgenossen, die leben sollen, an ihn glauben und die, die verloren gehen sollen, werden ihn ablehnen. Der Messias selbst hat keinen Nachteil davon, wenn er abgelehnt wird und er hat keinen Vorteil, wenn Jemand an ihn glaubt. Den Nachteil oder Vorteil haben nur die jeweiligen Menschen, denn nur für sie hat ihre eigene Haltung und Entscheidung die zu tragenden Folgen. Wer für sich selbst Gutes erwartet und auf Gottes Eingreifen im Stillen gehofft hat, wird ihn freudig und dankbar annehmen, während die, die durch ihn ihre schlimmsten Befürchtungen wahr werden sehen, ihn verleugnen, ablehnen und ihm gegenüber feindselig gesinnt sein werden. Denn die Menschen wissen in der Regel, wie es um sie steht und was sie zu hoffen oder zu befürchten haben, auch wenn sie es leugnen, wenn die Sprache direkt darauf kommt. Alle Dinge werden zu dieser Zeit endgültig entschieden und jeder hat es rechtzeitig gewusst dass es so kommt.