In der christlichen Welt und hier vor allem in Europa herrscht zur Zeit ein religiöser Analphabetismus, denn das meiste, was man über die Religion und die Schriften zu wissen meint, ist Unsinn. Die Menschen befassen sich erst gar nicht mehr mit den Schriften, sondern Jeder hält für wahr und entscheidend, was ihm dazu in schlechten, meist misslaunigen Momenten so einfällt. Dieser Zustand des Geistes ist geprägt von Ärger, Hochmut, Frust, Ab- und Auflehnung und Betroffene können absolut nicht begreifen wie es Menschen geben kann, die den Schriften in ihrem Leben folgen und sie verstehen, denn für sie selbst sind sie unverständlich denn wenn sie doch mal darin lesen, ergibt nichts einen Sinn.
Dieser vor allem in den europäischen Gesellschaften im Moment dominante Zustand des verbreiteten Unglaubens ist aber nicht zum Unheil der betroffenen Menschen, sondern zu ihrem Heil, denn ihr Weg ist kürzer zur Lehre des Messias. Im Evangelium ist es bereits angekündigt, dass der Messias, wenn er kommt, fast keinen Glauben mehr in der Welt vorfinden wird. Diejenigen, die die Wahrheit der Schriften heute leugnen, greifen sie also nicht an oder widerlegen sie gar, sondern sie erfüllen sie und bestätigen sie damit. Denn ihre ablehnende Haltung ist längst angekündigt und so also bewusst von Gott herbeigeführt. Die Erfüllung einer Ankündigung einer Schrift ist die stärkste Form ihrer Bestätigung.
Weil es sich dabei um eine christliche Vorhersage handelt, gilt sie vor allem für die christliche Welt, in der jüdischen und der muslimisch geprägten Welt ist der gegenwärtige Zustand ein anderer. Dieser ist in den jeweils für sie gültigen Schriften beschrieben.
Religiöse Menschen haben oft gefestigte Vorstellungen von den Schriften und ihrer Bedeutung, auch wenn sie bisher noch gar nicht letztgültig auslegbar waren, weil niemand wissen konnte, auf welche Weise genau Gott seine Ankündigungen in unserer Zeit wahr macht. Sie haben also schon eine Lehre und sind daher weniger offen für eine neue, die der Ihren bereits vorhandenen und gefestigten in Teilen widersprechen mag. Denn niemand trinkt zuerst alten Wein und will darauf sofort neuen, wie Jesus im Evangelium dazu sagt.
Viele Geschehnisse und Entwicklungen, die sie ausgehend von ihrer gelernten Schriftauslegung erwarten, werden so nicht eintreffen, was auch bewirkt, dass sie die tatsächlichen Ereignisse in der Welt nicht als Erfüllung der Schriften erkennen, weil es etwas ganz anderes ist, als sie erwartet oder erhofft haben. Im Koran heißt es dazu, dass es weder nach den Wünschen der Muslime gehen wird, wenn die Verheißungen für unsere Zeit erfüllt werden, noch nach denen des Volkes der Schrift, also Christen und Juden. So kann es durchaus sein, dass den in den Religionen gebildeten Menschen die Erkenntnis letztlich sogar schwerer fällt als den in religiösen Fragen völlig Ungeübten. So werden viele Letzte unter den sich Bekehrenden die Ersten sein, während von denen, die sich als die Ersten unter den Aspiranten für die Erlösung verstanden, nicht wenige unter den Letzten sind. Auch im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg ist ein ähnliches hierzu gehöriges Prinzip ausgedrückt, denn alle Arbeiter erhalten zuletzt den gleichen Lohn, d.h. dass die Spätanfänger und Spätumkehrer denselben Lohn erhalten, wie die, die schon lange gearbeitet und viel Arbeit und Mühe investiert haben.
Diese momentane Lage beschreibt auch das bereits angedeutete Gleichnis Jesu von den Weinschläuchen, das besagt, dass neuer Wein in neue Schläuche gefüllt werden muss, weil er mit alten Schläuchen nicht zusammenpasst. Der neue Wein ist die neue Lehre und die Gefäße sind die Geister der Menschen. Neu sind die Schläuche/Geister, wenn sie noch nicht befüllt waren, also noch keine Lehre angenommen hatten.
Von den Gelehrten wird dabei nichts verlangt, was der Messias selbst nicht auch zu leisten bereit ist. Denn seine Lehren und Schriftauslegungen sind ebenfalls nur in dieser alten, vorläufigen Übergangswelt gültig, die Prinzipien der Welt und seine Lehren über das Leben darin verlieren mit dem Beginn der neuen Welt ebenfalls ihre Gültigkeit. Denn wenn sich alles zur alten Welt erfüllt hat, beginnt etwas ganz neues. In seiner Zeit der Suche, in der er versucht, die Welt zu verstehen, findet er seine Lehren, die viele Fragen zu dieser alten Welt erhellen, die aber, wenn er letztlich erfolgreich ist und zuletzt die neue Welt beginnt, selbst überholt und ungültig werden. Man wird sich dann alle diese Fragen, die er zu beantworten sucht, gar nicht mehr stellen. Denn wer für die neue Welt taugen will, muss bereit sein, alles, was zur alten Welt gehört, aufzugeben, auch alles Wissen über diese, das nur in der alten Welt Gültigkeit besitzt. Denn in der neuen Welt werden ganz andere Gesetzmäßigkeiten und Prinzipien gelten, sie wird sich mit den Lehren zum Leben in dieser Welt nicht verstehen lassen. Auch der Messias sucht also nach der Wahrheit über diese Welt in dem Bewusstsein, dass, wenn er in seinem Streben und Wirken erfolgreich ist, alles, was er bei dieser mühseligen Suche findet, wieder ungültig sein wird, weil es zum Anbrechen der neuen Welt führt, wo dann alles, was nur für die alte Welt galt, nicht mehr gilt. Er wird also den Menschen und Gelehrten seiner Zeit nichts abverlangen, was er nicht auch selbst zu leisten bereit ist, denn auch er muss am Ende alles, was er sich erwirbt, wieder aufgeben.
Der Messias wird die Schriften nicht so auslegen wie die Gelehrten der Juden, Christen und Muslime, so wie es an ihren Schulen und Fakultäten gelehrt wird, sondern er wird sie verstehen wie Jesus sie laut Evangelium verstanden hat und wie die prophetischen Schriften des Alten Testaments im Neuen Testament ausgelegt sind. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass sie von Gott tatsächlich so gedacht sind, ist sehr hoch. Durch diese andere Auslegung kommt er teilweise zu anderen Ergebnissen als die Gelehrten und viele Fragen, die bisher nicht beantwortet werden konnten, werden sich lösen und vieles, was man bisher nicht erklären konnte, wird deutlich erkennbar.