Gibt es einen Gegensatz zwischen Glauben und Vernunft?
Nicht erst seit der Aufklärung gibt es gegen die Religion den Vorwurf des Obskurantismus. Dabei wird behauptet, dass die religiösen und politischen Autoritäten den Glauben an übernatürliche Wahrheiten und Wesen im Volk fördern würden, um dieses ruhig zu stellen und vom kritischen Denken abzuhalten. Es heißt auch oft, dass die Religionen mit ihren Dogmen das Selberdenken der Menschen verhindern würden um die Wahrheit zu verschleiern. Auch heute noch werden solche Vorwürfe oft vorgebracht. Doch sind sie überhaupt in sich stimmig und stichhaltig? Und sind sie in der Realität begründet?
Allein durch logisches Schließen oder Nachdenken lassen sich Fragen, die mit Übernatürlichem zu tun haben, nicht beantworten weil wir keinen unmittelbaren Zugang zum Übernatürlichen haben, so wie wir die äußeren Sinne und den Verstand für das Erkennen der innerweltlichen Gegenstände haben.
Es braucht also andere Erkenntnisquellen, denn alles logische Nachdenken müsste von dem ausgehen, was uns durch die Sinne zugänglich ist, um dann auf das zu schließen, was diesen beobachtbaren Erscheinungen und Phänomenen zugrundeliegt und über diese hinausgeht. Es gibt aber keinen logischen Weg von den Erscheinungen dieser Welt zu den Dingen, die ihnen zugrundeliegen, weshalb der Mensch darauf angewiesen ist, dass es ihm anders mitgeteilt wird, nämlich von Autoritäten, die dazu unmittelbaren Zugang haben.
Eben das geschieht durch Offenbarung und um diese anzunehmen und zu verstehen, braucht es Glauben, also Aufnahmebereitschaft. Der Glaube ist also das Vermögen für alles über die Sinne hinausgehende, nicht das eigene Nachdenken, das dazu nur die Logik zur Hand hätte, die aber hier, wie gesagt, nicht weiterhilft. Ohne Glauben ist darum keine tatsachengetreue metaphysische Erkenntnis möglich, schon Kant hat in seinem Hauptwerk, der ‚Kritik der reinen Vernunft‘ ausführlich dargelegt, weshalb die Vernunft dazu nicht ausreicht. Denn allein mit dieser lassen sich die Menschheitsfragen der Philosophia perennis nicht aufklären, denn es wäre ja längst geschehen, wenn es auf diesem Weg möglich wäre.
Gerade diejenigen, die immer vom sogenannten ‚Selbstdenken‘ reden und darauf pochen, haben für nichts um sie herum eine aufklärende Erklärung, ihre diesbezüglichen Ergebnisse sind ausgesprochen dürftig, falls überhaupt vorhanden. Denn würden sie tatsächlich selbst denken, wie sie es ja für alle Menschen fordern, sähen sie schnell ein, dass sie damit in diesen Fragen nicht weit kommen.
Das heißt nicht, dass religiöse Menschen nicht kritisch nachdenken würden, im Gegenteil, im Koran und in der Bibel wird der Leser mehrmals aufgefordert, seinen Verstand zu gebrauchen, denn dazu hat er ihn schließlich. Gerade Propheten sind Menschen, die noch weit kritischer sind als Andere und sie waren auch selbst immer die größten Zweifler, wie Bibel und Koran anschaulich berichten. Doch fundieren religiöse Menschen ihre Überlegungen auf einer sicheren Grundlage, sie haben Erkenntnisse und Fakten zur Verfügung, von denen sie in ihren Überlegungen ausgehen können und kommen darin dann auch zu brauchbaren Ergebnissen. Die Inhalte und Grundlagen werden also durch die Schriften bereitgestellt und in diesen werden auch die allem Geschehen in der Welt zugrundeliegenden Prinzipien erläutert, damit das logische Denken dann Gegenstände und Regeln an der Hand hat, um damit weiter zu arbeiten und zu anderen sicheren Einsichten zu kommen. Die Schriften ersetzen also nicht das Selberdenken, sondern befähigen erst dazu.
Nicht nur inhaltlich ist der Mensch beim Denken auf Input von anderer Stelle angewiesen, sondern auch rein praktisch, was den Denkvorgang selbst angeht. Denn der Geist aller lebendigen Wesen wird ihnen von Gott gegeben und das ist kein einmaliges Ereignis, nach dem der Mensch dann im Besitz des Geistes und unabhängig von Gott wäre, sondern diese Gabe ist ein Prozess und dauert so lange, wie jemand lebendig ist.
Denn zu denken heißt ja nichts anderes als Vorstellungen zu verknüpfen und diese Vorstellungen müssen dem Verstand irgendwie gegeben sein. Etwas zu verstehen heißt, eine wahrheitsgemäße, klare und deutliche Vorstellung von einem Sachverhalt zu haben. Selbst erzeugen lassen diese sich nicht, das Verstehen geschieht nicht willentlich und lässt sich nicht erzwingen oder anders herbeiführen, sondern es geschieht unwillkürlich und im besten Falle sofort, unmittelbar und automatisch bei der Konfrontation mit einer Sache. Das zu Erkennende wird dem Verstand bei der Beschäftigung mit der Sache eingegeben, wie die Schriften erläutern d.h. es fällt einem zur rechten Zeit ein, wie man auch sagt. Was einem hier nicht gegeben wird, kann man sich aus eigenem Willen nicht nehmen.
Kant musste dem Verstand Spontaneität zusprechen und ihn als spontanes Vermögen definieren, als würde dieser Begriffe selbst erzeugen können, allein weil er übernatürliche Quellen nicht zugeben wollte und konnte. Woher der Verstand diese Vorstellungen aber schöpfen sollte, woraus und wie er sie erzeugt und warum sie inhaltlich immer sinnvoll geordnet und im geeigneten Moment und im richtigen Kontext dem Empfänger zufließen, konnte er so nicht erklären. Auch stimmen sie, wenn sie wahr sind, mit der Außenwelt überein, was ein blindes Vermögen wie ein Denkvermögen allein nicht leisten könnte. Denn der Quell muss selbst intelligent sein und die Wirklichkeit und die Situation, in der sich der Empfänger gerade befindet, in Echtzeit erkennen und begleiten, damit das Denken geordnet und der Situation gemäß geschehen kann.
Die möglichen Arten der Verbindung der Vorstellungen durch den Verstand sind in der Kategorientafel Kants aufgezählt. Wie der Verstand mithilfe der Kategorien die Vorstellungen verbindet und damit die Erfahrung erzeugt, ist in dem Abschnitt zu Kant ausführlich anhand von Beispielen erläutert.
In den heiligen Schriften sind die meisten Menschheitsfragen einleuchtend und wahrheitsgetreu aufgelöst, weshalb man sich wundert, dass gerade die als groß geltenden Denker der letzten Jahrhunderte es für weise hielten, diese als Quelle nicht mehr gelten zu lassen und trotz ständigen Misserfolgs, mangelnder Ergebnisse und wachsender Unklarheiten und Dunkelheiten andere Lösungswege zu suchen.
Durch die Schriften ist alles Wesentliche von dem, was der Mensch wissen will und muss, offengelegt, weswegen jetzt auch immer mehr Menschen weltweit zur Lektüre der Schriften zurückkehren werden, denn in ihnen findet sich alles, wonach man lange und erfolglos woanders gesucht hat. Man wird nicht mehr von vornherein mit Vorurteilen, Misstrauen und Ablehnung an sie herantreten und sie durch die neue, offene und sachgemäße Herangehensweise auch wieder verstehen. Denn die ganzen Vorurteile, die heute vor allem in der christlich geprägten Welt darüber in aller Munde sind, haben mit der Realität nichts zu tun und werden vor allem von Solchen wiederholt und weiterverbreitet, die die Schriften nie richtig gelesen und verstanden haben.
Die Menschen werden aufhören, in ihrer (ohne Not) selbstgewählten Dunkelheit umher zu irren und wieder die Wahrheit als Wahrheit erkennen und sie nicht mehr aus ideologischen Gründen von vornherein zurückweisen oder geringschätzen, wo sie doch eigentlich längst Jedem wenigstens in den Grundzügen bekannt ist. Dadurch wird der Geist der Menschen wieder klar und durchdringend, man wird die Welt wieder verstehen und den Sinn der ganzen Sache wieder begreifen.