Viele Fragen, mit denen sich die Philosophen und Theologen die Jahrhunderte hindurch beschäftigt haben, sind so gestellt, dass sie den Geist von vornherein irreleiten, weil sie sich so nicht beantworten lassen. Sie sind als Entweder-Oder Fragen gestellt und verleiten den, der sie zu beantworten sucht dazu, für eine Seite Partei zu ergreifen und für diese die Gründe zu suchen und für diese zu argumentieren. Das ist so, als würde man von jemand Antwort auf die Frage verlangen, ob alle Tiere in der Welt entweder Landtiere oder Wassertiere sind.

Eine dieser klassischen Fragen ist z.B. die, ob der Mensch von Natur aus gut oder schlecht ist. Denn den ‚Menschen an sich‘ gibt es nicht, sondern es gibt beides, Gute und Schlechte unter den Menschen. Wer gut und wer schlecht ist, lässt sich aus unserer Perspektive und mit unserem Wissen nicht beurteilen, weswegen man eine solche Beurteilung unterlassen sollte. Die Menschen haben verschiedene Ursprünge und Vorgeschichten und dadurch sind sie unterschiedlich veranlagt. Zudem lässt sich sicher sagen, dass das Böse in der Welt nicht von den Menschen ausgeht, denn die, die es tun, sind selbst Betrogene, sie werden irregeführt und getäuscht, indem ihnen das Böse vom Verführer schön und angenehm gemacht wird, damit sie es tun.

Grundsätzlich gilt dabei, dass die Schlechten sich gut fühlen und Ruhe finden, wenn sie Schlechtes tun oder andere Schlechtes tun sehen, während bei den Rechtgeleiteten das Belohnungssystem feuert und sich innere Ruhe einstellt, wenn sie Gutes tun. Der Gute zeichnet sich nicht dadurch aus, dass er immer Gutes tut, sondern dadurch, dass er es gern tut und sich schlecht fühlt, wenn er Schlechtes getan hat. Der Schlechte dagegen freut sich daran, Übles zu tun, denn das ist sein Ziel und nur daran denkt er. Es macht ihm Spaß und bringt ihm Freude, sich in sinnlosem oder selbstschädigendem Tun zu ergehen, er hält das für etwas Gutes, weil es ihm ja Spaß macht. Denn in seinem Selbstbild ist jeder Mensch einer der Guten und alle eigenen Wege sind in den eigenen Augen gerade und vernünftig. Er reagiert genervt und verärgert, wenn er dazu gezwungen ist, Gutes zu tun und meidet es wo er kann. Wenn er ermahnt wird, sein Treiben zu ändern und vom üblen Tun zu lassen, empfindet er es als lästig und der Mahner ist in seinen Augen eine Spaßbremse und ein Spielverderber, weil er ihn ja von den Dingen, die ihm Spaß machen, abzubringen versucht. Er empfindet Genugtuung wenn er auch Andere dazu bringen kann, ihm in seinem üblen Wandel zu folgen und liebt es, anderen Ratschläge und Tipps zu geben die sie in die Irre führen so wie er selbst in völliger Finsternis herumirrt. Er ist zufrieden, wenn er das Gefühl hat, dass er nicht der Einzige ist, der auf ein Übles Ende zusteuert und die Irreführung möglichst vieler Menschen ist ja das einzige Ziel seines Lehrmeisters, denn dazu ist dieser geschaffen und das ist es, worauf er sich versteht.

Auch die Frage, ob der Mensch einen freien Willen hat oder nicht, ist eine solche bereits falsch gestellte Frage, denn die Antwort ist hier, dass es freie Menschen gibt, die sich frei entscheiden können was sie tun wollen und andere, die von ihren Wünschen, Begierden und Gelüsten durchs Leben getrieben werden und damit fremdbestimmt sind. Denn sie erzeugen diese Anreizungen nicht selbst, sondern sie werden ihnen eingegeben, d.h. sie entstehen in ihnen. Auch hier gibt es Solche und Solche und keinen Menschen an sich, es gibt eher freie und eher fremdbestimmte Menschen. Siehe hierzu auch den Abschnitt über die menschliche Willensfreiheit. Aristoteles ging noch davon aus, dass es eher freie (freiwillige) und eher unfreie Handlungen und Menschen gibt, in der Folge hat man diese Frage dann unzulässig polarisiert und zugespitzt, was eine Beantwortung zunehmend unmöglich machte.

Eine weitere solche viel diskutierte Frage ist die, ob die heiligen Schriften wörtlich zu verstehen seien oder nur im übertragenen Sinne und zum richtigen Verständnis erst einer Interpretation bedürfen. Auch diese Frage ist in dieser Form falsch gestellt, denn in den Schriften finden sich viele verschiedene Textsorten und -arten, die jeweils anders zu verstehen und auszulegen sind. Ein Gebot ist z.B. immer wörtlich zu nehmen, denn in solchen Fällen ist es unsinnig, zu unterstellen, Gott würde mit solcher klaren und expliziten Rede etwas anderes meinen, als er sagt. Viele Sprichwörter und andere Weisheitsschriften sind dagegen oft erklärungsbedürftig weil sie sich vieler poetischer und rhetorischer Stilmittel bedienen. Auslegungsbedürftige Textsorten erkennt man in der Regel daran, dass sie keinen erkennbaren Sinn ergeben, wenn man sie wörtlich nimmt, während Aussagen, die eindeutig sind und eine klare Bedeutung haben, in der Regel auch wörtlich zu verstehen sind denn es handelt sich dabei um Klartext.

Bei der Entscheidung, ob man eine Stelle wörtlich nimmt oder ob sie erst einer Deutung bedarf, muss man sehr vorsichtig sein, weil wörtlich zu nehmende Aussagen ihren Sinn und ihre Bedeutung verlieren, wenn man sie nicht wörtlich nimmt. Denn man erklärt solche Stellen effektiv für ungültig, wenn man behauptet, sie seien nicht so gemeint, wie es zu lesen ist, sondern nur im übertragenen Sinne zu verstehen. Dadurch, dass man heute in der christlich geprägten Welt fast die gesamte Bibel als im übertragenen Sinne zu verstehen ansieht, beraubt man viele eindeutige Aussagen ihrer Gültigkeit und erklärt große Teile faktisch für ungültig. Deswegen beharren auch die Ungläubigen und Leugner stets darauf, dass die Bibel nicht wörtlich zu nehmen sei und wollen, dass sich auch die Gläubigen auf solche Aussagen festlegen. Denn in den Schriften sind die Ungläubigen genau so beschrieben, wie sie sind, ihre innersten Gedanken, ihr Sinnen, Trachten und ihr Tun ist klar und deutlich und wahrheitsgemäß benannt und auch verurteilt, was diese natürlich nicht akzeptieren wollen und nicht so stehen lassen können. Denn sie müssen die Wahrheit immerzu leugnen und entkräften weil die Wahrheit ist, dass sie in Irrtum und Wahn sind und am Ende die Folgen davon zu spüren bekommen werden.

Alle Fragen dieses Entweder-Oder-Typs, auch die, ob die Seele sterblich oder unsterblich ist uvm., sind auf diese Weise bereits falsch gestellt und darum gibt es auf sie keine befriedigende und endgültige Antwort, wenn man sich für eine Seite entscheidet und für diese argumentiert. Denn weil es immer beides in der Welt gibt, lassen sich für beide Lager Indizien, Gründe und Beispiele aus dem Alltag finden, weshalb diese Fragen seit Jahrhunderten ohne befriedigende und endgültige Antwort diskutiert werden. Seelen sind nicht von Natur aus sterblich oder unsterblich, sondern sie sind von Gott geschaffen, haben also einen Anfang und leben so lange, wie Gott sie nicht sterben lässt. Das, was wir unsere Seele nennen, besteht zudem aus mehreren Teilen, von denen sich manche auflösen und andere am Ende zu ihrem Ursprung, also Gott, zurückkehren. Die Seele besteht also aus sterblichen und unsterblichen Anteilen.

Viele in der Philosophiegeschichte diskutierte Fragen sind also, so wie sie gestellt sind, Scheinprobleme und in den heiligen Schriften der Völker zudem längst aufgelöst. Die Diskussion dieser Fragen ist bloßer Zeitvertreib durch den sich die Menschen die Jahrhunderte hindurch unterhalten haben.

Es werden bald alle diese sogenannten Menschheitsfragen endgültig, d.h. wahrheitsgemäß, beantwortet sein. Die Antworten auf diese Fragen sind das von Jesus verheißene Wasser, nach dessen Genuss kein neuer Durst mehr entsteht. Das menschliche Streben wird seinen Ruhepunkt finden und aus dem selbsterzeugten Labyrinth der Irrtümer wieder heraustreten.

Der indische Philosoph Nagarjuna, der als einer der wichtigsten Denker des Mahayana-Budhismus gilt, versuchte in einem seiner Hauptwerke, der „Lehre von der Mitte“ ebenfalls, diese gegensätzlichen Lager unter den Philosophen zu versöhnen und schlug einen Mittelweg vor. Er versuchte dabei darzulegen, dass alle eindeutigen Positionen in diesen Fragen im Irrtum seien und die Wahrheit immer in der Mitte zwischen den als Extreme aufgefassten Positionen läge. Er schlug also ein Weder-Noch vor, um diese ständig aufkommenden Streitfragen zu entschärfen. Das führte aber dazu, dass er zu völlig sinnleeren Aussagen kam, die keinen Inhalt mehr hatten, wodurch er diese Fragen keinesfalls löste, sondern die Lage nur weiter verwirrte und verdunkelte. Denn in theoretischen Fragen ist es nicht entscheidend, ob eine Position irgendwie als extrem gilt oder aufgefasst wird, sondern ob sie inhaltlich wahr oder falsch ist, d.h. ob sie zutrifft. Denn danach werden alle Meinungen und Einsichten der theoretischen Erkenntnis beurteilt. Die Lösung liegt also nicht in einem Weder-Noch, um angebliche Extreme zu vermeiden, sondern im Sowohl-Als-Auch weil es immer beides nebeneinander in der Welt gibt. Dadurch werden alle Diskussionen über diese Fragen endgültig aufgelöst und befriedet, was auch Nagarjunas Ziel war.