Ist eigennütziges Handeln rational?

Eigennütziges Handeln ist rational, allerdings halten viele Menschen selbstschädigendes Handeln für eigennützig und tatsächlich nützliches Handeln für nutzlos.

Wirklich nützliches Verhalten für den Handelnden ist immer im Einklang mit dem Gewissen und den Geboten, weil man davon am Ende den größten Nutzen haben wird. Kurzfristig erfordert das oft eine scheinbare Entsagung oder einen Verzicht, d.h. man erfüllt ein aktuell drängendes Gelüst oder eine hartnäckige Begierde nicht. Mittelfristig wird man aber dafür frei von solchen Regungen, die den Menschen, wenn er sie immer erfüllt und dadurch zunehmen lässt, immer unfreier machen und zunehmend versklaven, wie es in der Schrift heißt. Der einzige Nutzen beim Erfüllen dieser Regungen ist, dass die lästigen Gelüste oder Begierden kurzzeitig aufhören und einen nicht weiter antreiben und einem die Ruhe rauben, ansonsten bringt solches Handeln meist nicht viel ein. Es hat keinen realen Nutzen und bewirkt stattdessen dass bei nächster Gelegenheit erneut solche unangenehmen Antriebe entstehen. Besser ist es, wenn sie gar nicht erst entstehen, was man erreicht, indem man sie ignoriert und in sich absterben lässt.

Es ist charakteristisch für nützliches Tun, dass der vollständige Nutzen erst auf mittlere bis lange Sicht eintrifft, während bei egoistischem Verhalten, bei dem man sich seine eitlen Wünsche und Begierden erfüllt, das Erstrebte sehr schnell oder sofort eintritt. Dieses egoistische Verhalten wird oft für Eigennutz gehalten, obwohl es das Gegenteil davon ist, es ist immer selbstschädigend und nie nützlich. Der Schaden erwächst aber erst in der Zukunft, erst dann, wann man sein früheres Tun nicht mehr rückgängig machen kann und seine frühere Torheit dann nur noch bereuen kann.

Es handelt sich dabei um dasselbe Muster, das auch jeder Sucht, wie z.B. Drogensucht, zugrundeliegt. Bei einer Sucht spiegelt der Suchtstoff dem Süchtigen vor, dass es ihm durch ihn besser ginge, was aber nicht der Fall ist. Denn er fühlt sich zwar sehr gut zu Beginn der Sucht, wenn er den Suchtstoff einnimmt, aber mittelfristig gerät er immer ins Elend. Die guten Gefühle und Stimmungen lassen schnell nach und die Zeiten zwischen der Einnahme werden immer unangenehmer. Man wird mit einer solchen Abhängigkeit auch zwischendurch nie wieder richtig froh. Wenn man sich den Stoff zuführt, hört dann nur dieses unangenehme craving auf, was subjektiv als eine Verbesserung des Zustandes erlebt wird. Die Wahrheit ist aber, dass man sich nicht besser fühlt, sondern nur wieder normal und entlastet, so, wie man sich immer fühlt, wenn man gar nicht süchtig ist. Langfristig ist die Verbesserung des Befindens durch den Suchtstoff also eine Illusion und es geschieht das Gegenteil, Körper und Geist werden immer abhängiger und unfreier. Das ist das Prinzip, nach dem Süchte funktionieren und dasselbe Prinzip liegt dem Erfüllen von eitlen Wünschen und Begierden zugrunde, wenn man sich diese immer zu erfüllen sucht. Man erzielt letztlich keinen realen Gewinn dadurch, sondern immer einen Schaden.

Es ist also durchaus im eigenen Interesse, gut und lauter zu handeln weil man davon auf lange Sicht und auch zur Zeit der Endabrechnung profitiert, weil man zuletzt dauerhaft dafür belohnt wird. Dieser Lohn ist dann beständig, er bringt sowohl kurz- als auch langfristig nur Vorteile. Der frühere Verzicht ist dann vergessen, während für die, die in ihrem Leben auf nichts verzichten wollten, alle früheren Annehmlichkeiten, die sie sich verschafften, nicht mehr real sind, sondern sind, als hätten sie sie nie genossen. Das ist der große Verlust.

Dieser richtig verstandene Eigennutz ist also nicht nur erlaubt, sondern er wird von Gott sogar von uns gefordert, denn der Mensch kann in dieser Existenz nichts schlechteres tun als seine eigene Seele ins Verderben geraten zu lassen. Denn dafür wird er zuletzt zur Verantwortung gezogen und davon wird er die Folgen am eigenen Leib spüren. Alle anderen Sünden führen nur dazu, dass man seine eigene Seele ins Verderben geraten lässt.

Man muss die Rechnung also immer im Ganzen aufmachen und die Sache vom Ende und von ihrem Ausgang her beurteilen, denn dann zeigt sich, dass das nützlichste Verhalten immer das Handeln nach dem Gewissen und den Geboten ist. Auch wenn man Anderen in diesem Sinne Gutes tut, nützt es am Ende einem selbst, während es einem selbst schadet, wenn man Andere ohne Recht schädigt weil es gegen die Gebote ist.

Das, was in dieser Welt kurzfristig Annehmlichkeiten bringt, führt am Ende oft ins Verderben, während der gelegentliche Verzicht auf unnütze Dinge in der Gegenwart am Ende zum großen Gewinn führt.

Würde die Sünde keinen kurzfristigen, subjektiven und vorgespiegelten Vorteil bringen, würde sie niemand tun, es muss auch das Verkehrte in gewisser Hinsicht erstrebenswert aussehen. Denn sonst würde es niemand für sich wählen, es bestünde als potentielle Handlungsoption nicht und es könnte hier keine Prüfung stattfinden, was der Zweck dieses Lebens in der aktuellen Welt ist.