Warum unterscheidet sich das Gottesbild von Juden, Christen und Muslimen in manchen Details?

Theologen und andere Schriftgelehrte reden oft von dem Gott des alten Testaments, dem des neuen Testaments oder dem Gott der Bibel oder des Koran und oft wird auch behauptet, es würde sich dabei um unterschiedliche Götter handeln. Tatsächlich stammen aber alle Offenbarungsschriften die wir Menschen besitzen von dem einen Gott, der sich in den verschiedenen Traditionen nur teilweise unterschiedlich offenbart. Denn Gott offenbart sich den Menschen nicht immer gleich, woraus die scheinbar unterschiedlichen Gottesbilder resultieren.

So, wie Gott wirklich ist, d.h. mit allen seinen Eigenschaften und seinem ganzen Wesen, kann er sich einem Menschen nicht offenbaren, weil er von diesem so nicht fassbar wäre. Denn Gott hat unzählige Eigenschaften und Aspekte, die für uns, so wie sie wirklich sind, nicht verstehbar sind. Nimmt man alle Eigenschaften Gottes zusammen mit allen Eigenschaften das Satan, dann hat man die Gesamtheit der Eigenschaften, die die Menschen aufweisen können. Umgekehrt gilt das aber nicht, denn Gott und der Satan haben auch viele Eigenschaften, die Menschen nicht haben können. Gott ist nicht entweder liebevoll oder zornig, sondern er ist ein lebendiger Gott, wie es an vielen Stellen der Schriften heißt und lebendige Wesen sind nicht immer in derselben Stimmung bzw, in demselben Zustand und weisen auch nicht nur eine einzige Eigenschaft auf, die sie dauerhaft und ausschließlich haben. Gott steht in ständiger Wechselwirkung mit uns und der Welt und  er bestimmt alles, was hier geschieht und reagiert auch ständig auf unser Handeln in Echtzeit. Unser Handeln ruft bei Gott dabei unterschiedliche Reaktionen hervor.

Gott offenbart sich den Menschen unterschiedlich, weil sich die Menschen immer zu dem hin entwickeln, das sie anbeten. Die Menschen haben unterschiedliche Aufgaben und Rollen in Gottes Schöpfungsplan und sollen deswegen auch andere Eigenschaften, Stärken und Schwächen entwickeln. Denn alles ist zu seinem Zweck geschaffen und nichts ist grundlos so wie es ist. Wenn sich Gott einem Menschen z.B. als barmherzig oder liebevoll offenbart, so wählt er diese Form, damit sich der Empfänger dieser Offenbarung in diese Richtung hin entwickelt. Offenbart er sich dagegen eher als mächtig und furchtbar, soll das beim Empfänger der Offenbarung die Gottesfurcht stärken usw..

Deswegen offenbart sich Gott in den Schriften den verschiedenen Völkern etwas unterscheidlich, denn diese haben verschiedene Rollen und  Aufgaben im Machtgefüge der Völker und brauchen dafür jeweils andere Eigenschaften.

In der Psychologie ist dieses Prinzip ebenfalls bekannt, es spielt in der Erziehung eine wichtige Rolle, denn Kinder nehmen Lehren nur von Menschen an, die sie als Vorbild sehen und zu denen sie aufschauen. Von solchen Autoritätspersonen schauen sich Kinder bevorzugt Verhaltensweisen und Umgangsformen ab und nehmen diese selbst an. Dasselbe Prinzip ist im Verhältnis des Menschen zu Gott und den anderen übernatürlichen Mächten wirksam. Denn wenn ein Mensch zu Gott hin strebt und nach ihm fragt und ihn verstehen will, entwickelt er sich völlig anders als jemand der von den Dämonen fasziniert ist und auf sie und ihre Eingebungen und Anreizungen hört. Denn er nimmt dann zwangsläufig nach und nach ihr Wesen selbst an. Unter polytheistischen Völkern wie den Indern ist es ebenfalls zu baobachten, dass die Menschen das Wesen des jeweiligen Gottes annehmen, den sie als ihren obersten Verehren.

Gott offenbart sich einem Menschen also immer auf eine Weise, die den Betroffenen in eine bestimmte Richtung lenken und die ihn prägen soll. So kommen die im Detail leicht verschiedenen Gottesbilder der Monotheisten zustande, denn alle beruhen auf Offenbarungen desselben Gottes. Weil der Mensch aber Gott in seiner Gesamtheit nicht erkennen und fassen kann, erkennt jeder einen Ausschnitt und einen jeweils etwas anderen Teil seines Wesens. Die wichtigsten Grundeigenschaften sind dabei aber immer dieselben und in allen Traditionen enthalten. Nur die Schwerpunkte werden teilweise anders gesetzt. Ein halbwegs vollständiges Gottesbild ergibt sich also erst in der Zusammenschau aller Arten, auf die er sich uns Menschen im Verlauf der Jahrhunderte offenbart hat, denn die monotheistischen Traditionen widersprechen sich nicht oder schließen sich gar gegenseitig aus, sondern sie ergänzen sich. Die Wahrheit ist auf alle Religionen gleichmäßig verteilt, niemand hat hier den jeweils anderen etwas voraus und niemand wird bevorzugt oder benachteiligt.