Unter den Gelehrten der Juden, Christen und Muslime finden sich immer wieder Leute, die genau wissen wollen, was Gott mit einzelnen Schriftworten oder Ankündigungen im Sinn hat und was er mit weniger eindeutigen Versen genau meint. Dabei wissen nicht einmal Propheten, was Gott im Sinn hat, denn auch sie wissen nur, was ihnen von Gott offenbart wird. In seinen Geist hineinschauen oder ihn auch nur von außen oder von ferne irgendwie erkennen kann niemand. Auch die Engel und die Götter im Himmel wissen nichts, was Gott sie nicht gelehrt hätte und sie haben, wie auch wir Menschen, keinen anderen Quell als Gott für ihr Wissen.

Kein Prophet, weder Mose, noch Jesus, noch Mohammed, hätte je von sich bahauptet, dass er in Gottes Wissen eingeweiht sei oder seine Pläne kenne. Im Koran findet sich dieses Verhältnis des Menschen zu Gott immer wieder deutlich umschrieben.

Trotzdem gibt es viele Schriftgelehrte, die behaupten, zu wissen, auf wen oder was sich ein strittiges Schriftwort ausschließlich bezieht. Sie verweisen dabei oft auf ihre Tradition und auf frühere Gelehrte, die sie hierzu gern ausführlich zitieren, womit sie Eindruck beim Hörer machen oder ihn mit großen Namen einschüchtern wollen. Doch wären sie nüchtern im Geist, wäre ihnen klar, dass dieser Gelehrte aus früheren Zeiten es genauso wenig wusste wie sie selbst. Denn auch er konnte Gottes Willen und seine Absichten nicht ergründen, wie wir heute auch.

Diese heute weit verbreitete Selbstüberhebung der Ausleger der Schriften führt dazu, dass in allen Schriftreligionen bestimmte Szenarien entworfen wurden und werden, die angeben sollen, was in Zukunft auf die Menschheit zukommt und jede Gruppe unter den Lesern einer Schrift gibt dabei die eigene Deutung als absolute und alleinige Wahrheit aus.

Diese Praxis führt in unserer Zeit dazu, dass die heutigen Gelehrten die wahren Geschehnisse in der Welt nicht als das Wirken Gottes und seine tatsächliche Schrifterfüllung erkennen, weil es oftmals etwas ganz anderes ist, als was sie gelehrt und erwartet haben. So wird sich wieder das von Jesus benannte Prinzip verwirklichen, dass das, worauf die Menschen warten, während sie noch darauf warten, längst über sie kommt, sie stehen mittendrin in den angekündigten Ereignissen, nur begreifen es die Menschen nicht, weil sie durch ihre selbst erfundenen und oft lieb gewonnenen Szenarien für die Realität und das tatsächliche Geschehen in der Welt blind sind.

Es werden auch oft genaue Zeitpläne und Chronologien erstellt und andere Kriterien erfunden, die erst erfüllt sein müssen, bevor dies oder jenes geschehen kann. Dadurch tun die Erfinder effektiv nichts anderes, als Gott vorschreiben zu wollen, was er wann tun darf und wie er seine Worte erfüllen muss, damit die Erfüllung von den Experten als solche akzeptiert werden kann. Dass sie dadurch in die Irre gehen müssen und dass sie sich dabei in grober Verwirrung und Selbsttäuschung befinden, liegt auf der Hand.

Viele Schriftgelehrte gehen sogar so weit, andere Leser der Schriften zurechtzuweisen, wenn sie darauf hingewiesen werden, dass in der Welt gerade etwas geschehen ist oder geschieht, was in der Bibel oder im Koran angekündigt ist, indem sie behaupten, dass Gott mit dem betreffenden Vers etwas anderes gemeint hätte oder dass irgendwelche anderen Kriterien nicht erfüllt seien oder dass das in ganz anderen Zusammenhang zu setzen sei, oder ähnliches. So kommen sie durch ihre Selbstüberhebung und ihren Unverstand dazu, Gottes Zeichen zu leugnen und sie gehen dadurch nicht nur selbst in die Irre, sondern führen auch diejenigen, die ihnen darin folgen und auf ihre Meinungen und Lehren hören, ebenfalls auf Abwege, wie es heute allenthalben unter den Völkern der Fall ist.

Bisher waren viele Verse der Schriften nicht letzgültig auslegbar, worauf auch der Koran hinweist. Denn es heißt darin, dass der Koran zwar schon fertig offenbart wurde, dass aber seine Bedeutung noch nicht vollständig auf uns kam. Es ist auch nicht durch geschicktes Kombinieren oder durch logisches Schlussfolgern erschließbar, wie Gott die Verheißungen umsetzen wird, sondern die Menschen müssen darauf warten, dass sich die Schriften erfüllen, um die volle Bedeutung zu erfahren. Durch das, was dann tatsächlich in der Welt geschieht, lernen die Menschen die richtige Auslegung der Schriften.

Dass viele Schriftleser falsche Auslegungen erfinden und verbreiten, tun sie nicht ohne Gottes Willen und ohne sein Wirken, denn Gott lenkt und bewirkt alles, was im Himmel und in unserer Welt geschieht und auch alles, was hier gefühlt, gedacht, geredet und geschrieben wird. In der Schrift heißt es zudem, dass die Weisheit der Weisen in unserer Zeit zu Torheit geworden ist und dass das Wissen der Gelehrten über die lange Zeit, in der es keine prophetischen Korrekturen gab, zu Narrheit geworden ist, was sich in solchen und vielen ähnlichen Irrtümern der selbsternannten Experten vor unseren Augen erfüllt. Trotzdem sollten gelehrte Menschen es eigentlich bessser wissen und es sollte ihnen klar sein, was sie da tun, weil diese Prinzipien in den Schriften, die sie lesen und anderen erklären, klar und deutlich beschrieben sind. Und es heißt dabei immer, man solle sich davor hüten, dergleichen selbst zu tun.