Wenn die Taliban sich in ihrem Regierungshandeln auf den Islam und den Koran berufen, dann müssen sie sich in ihren Erlassen und Gesetzen auch an die Bestimmungen des Koran halten. Denn es ist darin ausdrücklich untersagt, Dinge zu verbieten, die Gott selbst im Koran gar nicht verboten hat. Denn das wird genauso bewertet, wie wenn man etwas Verbotenes für erlaubt erklärt, d.h. man handelt in beiden Fällen dem Koran zuwider.
Deswegen sollten sich die Gesetzgeber bei jedem Erlass fragen, ob sie damit wirklich dem Koran folgen oder ob man nicht irgendwelchen eigenen Traditionen folgt, die die Menschen selbst einmal eingeführt haben und die man dann begonnen hat, wie ein religiöses Gesetz zu befolgen. Das Abschaffen solcher üblen Bräuche war eine wichtige Aufgabe aller Propheten, denn auch schon zu biblischen Zeiten und zur Zeit der Offenbarung des Koran hat man im Namen der Religion die eigenen, durch die jeweiligen Vorfahren eingeführten Sitten und Gebräuche für unumstößliches, gottgewolltes Gesetz erklärt und den Menschen so aufgezwungen.
Deswegen wird man es in der islamischen Rechtsprechung und Gesetzgebung zum Grundsatz machen, dass generell nichts verboten werden kann, was es zur Zeit des Propheten bereits gab und was dieser nicht ausdrücklich und deutlich verboten hat. Denn es ist, wie gesagt, nicht automatisch gut und moralisch richtiger, den Menschen möglichst viel zu verbieten. Oft lässt sich die Ordnung durch weniger einschneidende und einschränkende Maßnahmen herstellen oder aufrecht erhalten.
Deswegen werden die Hardliner und die in solchen menschlichen Traditionen Verhafteten in der Führung der Taliban deutlich an Einfluss verlieren und sie werden sich mit unangemessenen und scheinislamischen Forderungen nicht mehr durchsetzen. Man wird die eigenen Glaubenssätze und Vorgaben selbstkritisch hinterfragen und prüfen, ob man dabei tatsächlich den islamischen, d.h. den koranischen Geboten und Gesetzen folgt, oder nicht vielmehr eigenen, in Traditionen begründeten Meinungen oder vermeintlichen Werten.